Ich empfinde unser Team als Gewürzhaus und alle Mitarbeitenden bringen ihre eigene Note mit. Zimt, Koriander, …oder doch schärferer Paprika,…oder einfach die Salznote..? Wer bist du, wer bin ich, was macht uns aus?
Echte Authentizität ist bei uns möglich und erwünscht. Alle verändern das Gemeinsame und genauso ist es auch gut. Alle können die Person sein, die sie sind. Diese Möglichkeit und das multiprofessionelle Fachwissen bereichern uns sehr und erlauben einen bei vielen Fragen noch einmal einen anderen Blickwinkel. Das gefällt mir sehr gut.
Für mich ist einfach ganz wichtig, dass ich ehrlich die Person sein kann, die ich bin, die private Person, aber auch die, die arbeitet. Die Diakonie Hasenbergl ist mein vierter Arbeitgeber und ist echt ein super Arbeitgeber. Fachlich kann ich mit meinem Blick auf die Dinge und auf die Sachverhalte blicken, und bringe das ein, was aus meiner Sicht wichtig und notwendig ist. Wir schauen, dass wir dieses Menschliche und Persönliche auch im Team gut ausgewogen darstellen.
Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, können wir hier ganz offen, ehrlich, transparent auf den Tisch legen und sagen: Was machen wir denn jetzt damit?
Das liegt auch an unserem Bereichsleiter. Wir haben sehr viel Befugnis, viel selbst und in eigener Verantwortung zu erledigen. Das macht auch sehr glücklich, dieses Vertrauen zu haben von oberer Seite. Ich genieße Vertrauen von meinen Vorgesetzten und von meinem Team und das ist im Alltag wirklich toll. Das heißt nicht, dass immer alles leicht und einfach ist; es gibt Tage, die sind schwer und da erfahren wir schlimme Dinge um unsere Kinder und ihre Familien und im Team. Aber es gibt Halt und Sicherheit.
Das Schwierige supervidieren wir dann gemeinsam: Wie nahe lassen wir das an uns heran? Und dann zu wissen: Das schultern wir auf mehrere Menschen, das ist einfach ein tolles Gefühl.
Ich bin in der Rolle einer Leitung tätig, die natürlich bestimmte Pflichten und Verantwortlichkeiten mit sich bringt. Und wenn ich da mal einen Punkt habe, wo ich nicht weiterweiß oder wo ich mir unsicher bin, dann wende ich mich an meinen Bereichsleiter. Es ist schön, man braucht sich nichts denken: Wenn ich eine Frage habe, kriegt man ziemlich schnell hier mit: Es gibt keine dummen Fragen. Und natürlich bestärkt uns das ja. Im Gegenteil, unser Bereichsleiter betont: Es ist ja menschlich, dass man nicht alles weiß. Und somit hat man noch viel mehr Lust, das Ganze mit anzupacken. Und dasselbe, diese Philosophie, kann ich ja dann auch an mein Team weitergeben.
Ich erfahre diese offene Kultur, den lebendigen Austausch, auch in den Leitungsrunden, in denen wir Leitungen auf andere Leitungen treffen und uns richtig darüber freuen, wenn wir uns sehen. Wir nehmen Anteil an den Geschichten der anderen, wenn es jemand schwer hat oder etwas gelingt – egal, welche Situationen. Es macht einfach total Spaß. Diese Möglichkeit sehe ich auch bei den Fortbildungen, die wir bekommen: Wir bekommen fachliche und sachliche Informationen und Inputs, die uns ein Weiterlernen ermöglichen, und uns wachsen lassen, bei deren Auswahl werden wir partizipiert.
Auch andere Zusammenkünfte innerhalb der Diakonie sind besonders:. ich erinnere mich da gerne an die Leitungscoachings, in denen wir uns gut kennenlernen und viel miteinander arbeiten, in Zweier- oder Gruppenarbeiten, in denen man bestimmte Themen bearbeitet oder Problemlagen gestellt bekommt. Wie würde man damit umgehen?
In unserer Einrichtung arbeiten wir sehr eng miteinander, deshalb ist auch ein intensiver Austausch für uns sehr wichtig. Wir kommen mehrmals pro Wochen in unseren Teams zusammen und informieren uns gegenseitig: einmal im Großteam mit allen Kolleg*innen, einmal im Fall-bzw. Kleinteam mit den jeweiligen Gruppenpädagog*innen, der Psychologin und der Einrichtungsleitung. Unsere Dualstudierenden oder Praktikant*innen dürfen hier auch nicht fehlen. Jedes große Team beginnen wir mit der Frage: Wer hat eine gute Nachricht?
Die Kinder, die zu uns kommen, kommen alle mit einem ganz unterschiedlichen Hintergrund, wir haben kunterbunt gleichzeitig viele unterschiedliche Kulturen im Haus, und das macht uns so bunt und lässt uns immer weiter lernen. Wir arbeiten derzeit mit elf Schulen zusammen, von Förderzentren bis Realschulen, Mittelschulen, Gesamtschulen, Integrationsschulen. Viele Kinder aus dem Umkreis kommen aus sehr, sehr schwachen Familien und sind – oft auch finanziell, schlecht gestellt . Prekäre Situationen im häuslichen Umfeld sowie individuelle Förderbedarfe zeichnen unsere Kinder aus.
Wir merken an vielen verschiedenen Einzelheiten, dass wir hier in einem der Brennpunkte Münchens sind und somit die viele schwierigen Situationen unserer Kinder auch schwierige und prekäre Situationen der Eltern sind. Und oft sind da auch Traumata, die von anderen Generationen herrühren, von der Familie, Geschichten, die sich dann einfach weitergeben. Wir haben oftmals auch unter anderem psychisch erkrankte Eltern, in der Corona-Pandemie kamen für viele finanzielle Sorgen dazu, wenn sie ihren geringen Zusatzverdienst verloren haben dadurch, dass ihnen gekündigt worden ist. Wir haben hier schon Vieles erlebt und wissen, dass wir eine wichtige Konstante für unsere Kinder und Familien sind. Wir arbeiten sehr vernetzt mit anderen Stellen in der Diakonie Hasenbergl.
Zu uns kommen Kinder nach dem sogenannten Paragraf 35a und einzelne nach Paragraf 32 des SGB VIII. Das sind Kinder, die bereits eine seelische Behinderung haben oder bedroht sind davon. Wir haben Kinder in der Einrichtung, die einfach in ihrer Intelligenz beeinträchtigt sind, in der Sprache, in der Wahrnehmung, der Motorik. Aber wir haben eben vor allem Kinder, die im Sozial-Emotionalen sehr beeinträchtigt sind und wir teilweise täglich abwägen müssen, ob wir intensivere Maßnahmen einleiten müssen. Das geht von Suizidgedanken über Gewalt zu Hause, panische Attacken und Angststörungen. Auch die schwierigen Situationen zu Hause spitzen sich zu… In diesem haben wir drei Mal so viele Kinder, die im Kindeswohl gefährdet sind, wie noch vor ein paar Jahren. Das hat verschiedene Ursachen: Wir vermuten, dass sehr stark die Corona-Pandemie mit hineinspielt, aber auch z.B. mediale Veränderungen, wenn Kinder Zugang zu vielen unterschiedlichen Bereichen haben, die überhaupt nicht altersgemäß sind. Oft verlieren sie auch die Anbindung zu anderen Kindern – vor allem in der Freizeitgestaltung. Fehlende Freundschaften und fehlendes, altersgemäßes Spielverhalten führen zu fehlenden Selbstvertrauen und persönlichen Misslagen der Kinder. Vor allem auch die sich verändernden Familiensysteme tragen unseres Erachtens zur Problemlage bei: der minimale Faktor Zeit der Erziehungsberechtigten, – ein starker Zusammenhalt der einzelnen Familienmitglieder sowie gegenseitiges „Füreinander Dasein“ fehlen leider viel zu oft.